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Maggia Logbuch

von Liliane Waldner

Einführung in die Maggia

Die Maggia ist 59 Kilometer lang. Sie entspringt kleinen Quellbächen am Fuss des Cristallina-Massivs, die durch den auf 2310 m.ü.M. liegenden Lago de Narèt gefasst werden und sie mündet auf 193 m.ü.M. beim Maggiadelta zwischen Ascona und Locarno in den Langensee. Sie ist eine reine Tessinerin.

Mehr zur Maggia auf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Maggia_(Fluss)  

6. April 2013: Locarno Lido - Maggia

Eigentlich wäre ich mit der Maggia noch nicht so weit, aber das garstige Wetter treibt mich wieder einmal im Frühling in den Tessin. Heute spüre ich das erste Mal, dass Frühling ist. Ich starte beim Lido in Locarno. Dort komme ich auf dem Weg zur Maggiamündung in den Langensee am Kamelienpark vorbei. Dieser ist für Blumenliebhaberinnen eine Sehenswürdigkeit. Die Kamelien sind leider bereits etwas welk. Vom Lido bin ich in einer Viertelstunde beim Maggiadelta. Von dort marschiere ich der Maggia entlang ins Maggiatal hinauf. Bei der zweiten Brücke zwischen Solduno und Losone wechsle ich die Flussseite. Bei Solduno entdecke ich einem prächtigen Magnolienbaum.

Bei der Mündung der aus dem Centovalli kommenden Melezza in die Maggia finde ich leider keinen guten Fotoblick, hingegen knipse ich die Melezza auf der Hängebrücke nach Tegna. Von dort gäbe es via Aurigeno einen sportlichen Weg nach Maggia. Ich ziehe jedoch eine einfache Tour vor, um mich ins Maggiatal hineinzuarbeiten. Nach Ponte Brolla nutze ich das Trottoir entlang der Strasse nach Avegno und komme so flott voran. Bei Ponte Brolla liegen mächtige Granitblöcke in der Maggia.

Ab Avegno folge ich dem Radweg durch das Dorfzentrum und ab da den kombinierten Rad- und Fussweg nach Cordevio. Dieser geht ab Ronchi in einen angenehmen Naturweg über und bald erreiche ich Maggia. In den Gärten blühen überall die Fortizien. Leider ist das kleine Kirchlein Santa Maria vor dem Eingang nach Maggia geschlossen.

Überall entlang des Weges liegen Grotti oder Osterias, wie es zum Tessin gehört.

Noch in Locarno zeigt ein Radwegschild die Distanz nach Maggia mit 17 Kilometern an. Dies dürfte etwa meiner Wegleistung entsprechen.

Links:

https://www.ascona-locarno.com/de/commons/details/Kamelienpark-Locarno/84276
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10. Mai 2015: Maggia - Cavergno

Nach mehr als einem Jahr Unterbruch setze ich meinen Marsch entlang der Maggia fort. Ich folge zuerst dem Veloweg bis Someo, um zügig voranzukommen. Auf dem Weg passiere ich die Dörfer Coglio und Giumaglio. Ab Someo benutze ich den Wanderweg oberhalb der Strasse. Bei Riveo führt der Sentiero di Pietro an einem Wasserfall vorbei in den alten Ortskern mit seinen pittoresken Steinbauten und einem alten Kirchlein, dessen Pforte leider geschlossen ist. Dort raste ich und geniesse die Aussicht in das Maggiatal. Der Weg führt wieder hinab in den neuen Ortsteil. Bei Riveo sowie Visletto komme ich an Steinbrüchen mit dem bekannten Maggia Granit vorbei. Auch an diesem Samstag arbeiten die Menschen in den Steinbrüchen sowie bei der Verarbeitung des Granits.

Nach Visletto wechselt die Route über einer Brücke auf die westliche Seite der Maggia. Nahe Cevio verläuft der Wanderweg in einem Wald auf einem erhöhten Granitsteg. Ich habe das Gefühl, durch einen Urwald zu schreiten. Cevio ist ein grösserer Ort. Dort habe ich per Postautoausflug vor einigen Wochen geschnuppert und im Unione einen Tessinerteller gegessen und mich dabei mit einem Original unterhalten. In Cevio befindet sich das Museum des Maggiatales. Von Cevio aus zweigen Wanderweg und Strässchen in die Walsersiedlung Bosco Gurin.

Vom Schulhaus von Cevio führt ein kombinierter Rad- und Fussweg bequem nach Bignasco. Unterwegs raste ich nochmals kurz. Vor Bignasco Ort überschreite ich wieder die Maggia und danach via die alte Steinbrücke nochmals und ich gelange in den alten, malerischen Ortskern. In Bignasco vereinen sich die Maggia aus dem Val Lavizzara und die Bavona aus dem Val Bavona. Ich erinnere mich, dass ich vor Jahren mit der EKZ-Kommission in der Centrale di Robiei der Maggiawerke war. Ich erkundige mich nach einem Laden mit Tessiner Käseangebot und erhalte von einer Frau die Auskunft, es befände sich in Cavergno oben ein solcher Laden. Von der Kirche aus gelange ich über den Radweg in einer Viertelstunde nach Cavergno. Unterwegs treffe ich auf Knaben, die Esel füttern. Von Cavergno aus kann ich rechts und links von mir die beiden Taleinschnitte gut überblicken. Dort frage ich wieder eine Einheimische nach dem Käseladen und sie empfiehlt mir, den Käse bei der Metzgerei zu kaufen. Der Zusatzmarsch hat sich gelohnt. Ich kaufe feine Ziegenkäse sowie einen Alpkäse ein, welche zusammen mit „Gschwellti“, auf gut deutsch Pellkartoffeln, ein Genuss sind.

Die Wanderzeit beträgt gut fünf Stunden. Unterwegs komme ich an verschiedenen Osterias und Grotti vorbei.

Links:
http://www.valmaggina.ch/d_3-10.html
http://www.vallemaggia.ch/vallemaggia_testo.php?tes=140

http://www.museovalmaggia.ch/de/
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17. Mai 2014: Bignasco - Prato

Ich nutze das gute Licht aus, um zuerst die Vereinigung von Maggia und Bavone mit der Kirche von Bignasco m Hintergrund zu fotografieren. Dann folge ich dem Fahrweg auf der Ostseite der Maggia, welcher nach ungefähr 20 Minuten Wegzeit in einen Bergweg übergeht. Dessen Trassee ist gut angelegt. Der Weg ist wegen den Steinbrocken, den jeweils steilen Auf- und Abstiegen bei in die Maggia einmündenden Bächen trotzdem ruppig. Ich muss vorsichtig gehen. Heute ist die Wanderung vor allem ein intensives Koordinationstraining. Unten fliesst die Maggia durch einen tiefen, felsigen Einschnitt. Ich komme an Rustici vorbei. Ein Mann mäht das Gras vor seinem Rustici und ich erfrische mich an seinem Brunnen.

Bei der Steinbrücke von Brontallo entschliesse ich mich, diese Koordinationstherapie auf dem Bergweg zu unterbrechen und der verkehrsarmen Strasse zu folgen. So gelange ich zügig durch das wunderschöne, wilde Val Lavizzara nach Broglio. Das enge Tal ist von Kastanienwäldern gesäumt und hinten funkelt der schneebedeckte Campio Tencia. Vor Brogio raste ich kurz. In Broglio wage ich mich wieder auf den Bergweg. Ich steige den steilen Sentiero Lavizzara bis auf über 850 m.ü.M. auf und folge danach dem kombinierten Berg- und Mountainbike-Weg nach Prato. Der mit Madonnen-Gedenkstätten gesäumte Bergweg würde noch nach Monti di Rima mit seiner Kapelle und dem Maiensäss hinaufführen. Kurz vor Prato gelangt der Weg auf die Strasse zum Dorf.

Ich bin stolz, nach langer Zeit wieder Bergwegpassagen absolviert zu haben. Ich spüre, dass dieses verschärfte Koordinationstraining mir gut tut, tief verschüttete Bewegungsfähigkeiten erwecken beginnt, Spass macht. Es kommen Gefühle wie vor Jahrzehnten auf. Allerdings bin ich damals behende wie eine Gemse über Stock und Stein gegangen. Heute muss ich konzentriert und bedächtig schreiten.

Weil ich noch etwas Zeit bis zur Postauto-Abfahrt habe, besuche ich den alten, malerischen Kern des Weilers Prato. Uralte Frauen treten aus uralten Steinbauten und setzen sich auf eine Bank im Schatten. Ich erfahre von zwei Frauen, dass eine Frau am Ende des Dorfes Alp-Ziegenkäse verkauft. Bis zum Postauto reicht es mir aber nicht dorthin, so dass ich meinen Käse wieder in der Metzgerei von Cavergno einkaufen werde.

Die heutige Etappe ist wegen meiner Langsamkeit auf den Bergweg-Stücken sowie der durch die immer länger werdenden Fahrzeiten von und nach Zürich nur kurz gewesen. Ich will am Abend noch den deutschen Pokalfinal im Fernsehen sehen. So ist zwischen 10 und 15 Uhr nicht viel drin gelegen.
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27. Juli 2014: Prato - Fusio

Bei der Postautofahrt nach Prato stelle ich fest, dass ich alle Zeit der Welt habe, gemütlich nach Fusio zu spazieren. Die offizielle Wegzeit beträgt 2 Stunden 45 Minuten. Heute Sonntag fährt das Postauto erst um 17.00 Uhr, nicht wie werktags bereits eines um 14.50 Uhr, was ich im Kopf gehabt habe.

Ich genehmige mir deshalb zuerst auf der Terrasse des Restaurants bei der Brücke und Haltestelle einen Capuccino und blicke von meinem Platz zur tosenden Maggia hinunter. Dann marschiere ich die schwach befahrene Strasse nach Peccia entlang. In Peccia befindet sich eine Bildhauerschule. Überall stehen vor den Häusern Skulpturen aus Marmor oder Granit. Das Dorf ist wie eine Freiluft-Galerie. In einem Steinbruch unterhalb des Dorfes wird Marmor abgebaut.

Nach Peccia führt ein steiler Bergweg nach Corsgell hinauf. Er kreuzt die Strasse mit ihren Haarnadelkurven an mehreren Stellen. Ich freue mich, die hohen Tritte zu meistern. An einer oberen Kreuzung mit der Strasse treffe ich einen 78jährigen Wanderer, der sich ebenfalls vorsichtig bewegt. Wir kommen ins Gespräch. Er läuft aus gesundheitlichen Gründen ebenfalls die Flüsse entlang, jedoch in umgekehrter Richtung: von der Quelle bergab zur Mündung. Er ermuntert mich, meine Aufzeichnungen öffentlich zu machen.

Von Corsgell folge ich dem Schild, das mich auf historisch Interessantes in Cambleo hinweist. Dort steht ein Getreidespeicher aus dem Jahr 1501 in einer Gruppe alter Häuser. Ich kehre auf dem Bergweg nach Mogno bald zurück, weil ich eine ausgesetzte, felsige und wegen des Regens noch nasse Passage meiden will. Das Strässchen bietet eine risikolose Alternative. Ich raste in Cambleo, geniesse die wilde Landschaft und die alten Bauten  und bin danach flott in Mogno.

Dort steht die berühmte Kirche San Giovanni Battista, die vom Tessiner Star-Architekten Mario Botta gebaut worden ist. Sie steht an der Stelle der alten Kirche, die von einer Lawine weggerissen worden ist. Die kleine Bergkirche ist mit gediegenem Marmor errichtet worden. Ich war auf einer Reise mit Kantonsratskommission und Verwaltungsrat der EKZ vor vielen Jahren dort. Wir sind nach der Besichtigung der Centrale di Robiei der Maggia-Werke zu diesem damals neuen Bauwerk hinaufgekarrt worden. Erst jetzt, wo ich selbständig hingelaufen bin, kann ich dieses Botta-Bauwerk räumlich und geografisch richtig einordnen. Es ist für das bewusste erleben und auffassen unterschiedlich, ob ich selber durch das Land marschiere oder einfach mit einer Gruppe an einem Ausflug teilnehme.

Von Mogno zieht sich der Weg durch bewaldetes Gebiet zum schmucken Dörfchen Fusio. Dort erfahre ich die offizielle Wanderzeit zum Lago de Narèt, der als Maggia-Quelle gilt, von 4 Stunden 45 Minuten und zur Cristallinahütte von 7 Stunden. Ob ich einfach zum Narèt-See hin und wieder nach Fusio zurück marschiere oder zur Cristallinahütte und dort übernachte, die finale Etappe wird happig sein. In Fusio finde ich im alten Ortskern die gemütliche und gepflegte Antica Osteria Dazio. Diese könnte mir als Stützpunkt dienen.

Links:
http://www.scultura.ch
http://www.bergfex.ch/sommer/vallemaggia/highlights/9165-die-botta-kirche-in-mogno/
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14. September 2014: Fusio - Lago de Narèt (Maggiaquelle)

Als Maggiaquelle gilt laut Wikipedia der Lago de Narèt auf 2310 m.ü.M. respektive die Quellbäche im Gebiet des Passo de Narèt und am Fuss des Cristallina.

Auf der Fahrt nach Fusio am 13. September 2014 besuche ich in Cevio das Museum des Maggiatales. Es zeigt die Natur sowie die Geschichte des Maggiatales. Die Lebensverhältnisse bis in den Beginn des 20. Jahrhunderts ähneln jenen in Drittwelt-Staaten. Es herrschte grosse Armut und die männliche Bevölkerung wanderte ab, Frauen, Kinder und alte Leute blieben zurück. Die Wälder wurden abgeholzt und das Holz via Maggia und den Langensee nach Italien geflösst. Die Abholzung der Wälder hat die Armut verschärft und zu verheerenden überschwemmungen geführt. Dies sollte eine Lektion für das aktuelle Abholzen in Ländern des Tropengürtels sein. Ich habe dies meiner Schwester nach Uganda gemailt und sie hat mir geantwortet, dass in Karamoja aufgeforstet werden soll, damit die Landwirtschaft und die Ernährungsgrundlage der armen Bevölkerung verbessert werden kann. Die Wälder sind dort abgeholzt worden, was in der Regenzeit zu überschwemmungen führt und in der Trockenzeit zum Verwehen der erodierten, ausgetrockneten Böden. Cecilia baut im Rahmen des Projektes die medizinische Versorgung der Karamojong auf.

Ich buche in der Antica Osterio Dazio ein Zimmer für zwei Nächte. Dieser kleine, gepflegte und ruhige Familienbetrieb des Ehepaares Hofer im alten Dorfkern ist empfehlenswert. Die Küche ist gut. Nachts ist es so ruhig, dass ich nur die Maggia rauschen höre. Wandersleute gehen früh ins Bett.

Am Sonntag breche ich nach einem kräftigen Frühstück auf. Ich nehme das verkehrsarme Strässchen zum Narèt-See unter die Füsse. Ich habe deshalb an den Stöcken die Gummidämpfer montiert. Der Himmel ist stahlblau und wolkenlos, eine Ausnahme diesen Sommer.

Nach einigen Kehren erreiche ich die Krone der Staumauer des Lago del Sambuco und ich passiere den Kiosk.  Jetzt öffnet sich mir das Val Sambuco. Meine Füsse sowie die trainierten Organe verrichten ihre Arbeit reibungslos, so dass ich mich ganz dem Zauber der wunderschönen Landschaft hingeben kann. Ich ziehe sie regelrecht mit jedem Atemzug in mich ein. Nach dem See steigt der Weg stetig zur Alpe Torba und die Campo la Torba an. Bei der Alp ist es auf der Weide ein gutes Schweineleben. Nach der Brücke über die junge Maggia bevölkert eine Ziegenherde das Strässchen. Dann steigt das Strässchen in steilen Kehren an. Hin und wieder pfeift ein Murmeltier. Ich lege eine Rast ein und geniesse den Rundblick über Tal und goldig besonnte Berghänge. Ich komme an kleinen Seelein voran, die mir wie Moorseelein oder Schmelzwassersenken vorkommen. Noch einige Kehren, dann habe ich die Krone der Staumauer erreicht und erblicke hinter dem Narèt-See das Cristallina-Massiv. Ich habe mein Ziel erreicht und ein italienischer Motorradfahrer fotografiert mich. Dann lege ich eine Trinkpause ein. Ich habe fünf Stunden für den Aufstieg benötigt. Die Stauseen von Sambuco und Narèt gehören zu den Maggia-Werken, an denen die AXPO zu 30% und die Stadt Zürich zu 10% beteiligt sind.

Ich steige wieder ab und mache mich auf einen langen Marsch zurück gefasst. Nachdem ich die steilen Kehren nach unten erreicht habe, hält ein Auto. Der Fahrer bietet mir die Fahrt zu seinem Sambuco-Kiosk an. Er hat mich beim Aufstieg am Morgen gesehen. Auf dem Hintersitz blickt ein dunkelhäutiges Mädchen in meine Augen. Der Fahrer ist der Bruder des Alpbesitzers und das Mädchen verfüttert den Schweinen sein mitgebrachtes, altes Brot. Ich kaufe bei seinem Kiosk Alphonig von Peccia und erinnere mich an die Reihe von Bienenhäusern beim steilen Aufstieg von Peccia nach Mogno. Ich trinke Kaffee und treffe den Hotelier Herrn Hofer bei einem Bier an. Ich erfahre später, dass der freundliche Kiosk-Inhaber Fabio heisst und der Pöstler des Ortes ist. Der Kiosk verkauft auch den Käse der Alp Torba.

Links:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8773.php
https://www.osteriadazio.com/?lang=de
http://de.wikipedia.org/wiki/Lago_del_Sambuco
https://www.schweizersee.ch/lago_del_naret/
http://www.ofima.ch/de/index.php?option=com_content&task=view&id=11&Itemid=12
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