fluss-frau.ch
Rhone Logbuch

von Liliane Waldner

Einführung in die Rhone

Die Rhone auf Schweizer Boden 264 Kilometer lang (insgesamt 812 Kilometer). Sie entspringt auf 2‘208 m.ü.M. beim Rhonegletscher und sie verlässt die Schweiz südlich des Zolls von Chancy (GE) nahe des Waldes von Chancy auf 336 m.ü.M. Sie fliesst durch die Kantone Wallis, Waadt und Genf.

Mehr über die Rhone:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rhone

8. November 2014: Chancy - Genève

Ich habe das Gefühl, ans Ende der Welt zu reisen, um den Startpunkt zu erreichen, wo die Rhone die Schweiz Richtung Frankreich verlässt. Es ist das Dorf Chancy im Kanton Genf. Ich fahre via Genf, Lancy Pont Rouge nach Chancy Douane. Dort laufe ich unter der Grenzbrücke den Uferpfad die Rhone Richtung Grenze hinab. Es geht durch das feuchte Naturreservat von Le Longet und den Wald von Chancy (Bois de Chancy). Bei einem Bächlein endet der Weg. Dort muss die Grenze sein. Ich laufe zurück und stärke mich auf einer Sitzbank mit Aussicht auf die naturnahe Rhone, das französische Ufer und die bereits mit Schnee gezuckerten Höhenzüge des französischen Jura für den langen Marsch ins Zentrum von Genf. Nach der über vierstündigen Bahn- und Busreise an das Ende der Welt, ist vom kräftigen Frühstück nicht mehr viel übrig geblieben. Vielleicht bin ich auch nur am Steissbein der Schweiz, wenn wir uns die Form der Schweiz auf der Karte als ein Tier vorstellen, zum Beispiel als das berühmte Stachelschwein.

Es gibt keinen geschlossenen Uferweg in die Stadt hinein wie in Basel. Der Wanderweg zieht sich immer wieder in das Landgebiet der Champagne von Genf hinein. Ich gehe deshalb auf einer Route durch die Champagne und erfahre, dass Genf über ein respektables Hinterland mit beschaulichen Dörfern, weitem Wiesland mit weidenden Kühen und Gestüten, Weinbergen, Obsthainen und Gärtnerei-Betrieben verfügt. Dies ist das andere Genf, der Kontrast zu Genf als Stadt der UNO-Verwaltungen, Diplomatinnen, des CERN, der Privatbankiers, Rohstoffhändler und reichen Araberinnen auf Einkaufstour. Die Landschaft ist lieblich sanft gewellt und öffnet immer einen neuen Blick auf die Höhenzüge des Juras, näher der Stadt des Salèves und weit hinten den verschneiten Riesen der Alpen. Das Novemberlicht ist mild und das Laub leuchtet in allen Rot-, Gelb- und Brauntönen.

So komme ich der Stadt immer näher. Ich raste bei einer Hühnerfarm, die am Samstag verkaufsfrei ist. So kann ich mich auf einen der Stühle vor dem Gebäude setzen. Dann marschiere ich in die Stadt hinein. Bei einer Unterführung nahe Bernex haben Sprayer ihren Abfall einfach liegen lassen, nachdem sie die Unterführung besprayt haben. Dies gibt ein zusätzliches Bild für meine Abfallsammlung.

Es kommt mir vor, wie wenn Genf eine Stadt wie London wäre. Die eigentliche Kern-Stadt stellt nur das Zentrum in der City dar, während darum herum ein relativ breiter Gürtel von eigenen Stadtgemeinden liegt. Am Schluss gerate ich wieder an den Flusslauf, komme an der Mündung der Arve in die Rhone vorbei und marschiere durch die Altstadt zum Bahnhof von Genf.
Genf ist so gross und vielfältig, dass eine Liste der Links hier nicht enden würde, um auf das wichtigste hinzuweisen. Nicht vergessen dürfen wir den Einfluss von Calvin, Rousseau und Dunant auf die Geschichte der Menschheit.
Zum Seitenanfang
16. November 2014: Genève - Coppet

Nachdem es in der Nacht bis in die Frühe stark geregnet hat, geniesse ich den milden, wolkigen Novembermorgen. Vom Genfer Bahnhof Cornavin sind es nur wenige Schritte zum See mit der Mont-Blanc-Brücke.

Ich folge heute der Route 4, Via Jacobi, von Genf nach Coppet. Ihre offizielle Zeit ist mit 4 Stunden 20 Minuten angegeben, was so ungefähr stimmt. Sie führt über weite Strecken auf Asphaltwegen und Trottoirs und nur über kurze Teilstücke auf Kieswegen. Angesichts der von Regen voll gesättigten Böden ist dies heute vorteilhaft.

Ich komme rasch an den Botanischen Gärten am Seeufer und dem Völkerbundpalast  vorbei. Danach verläuft der Weg landeinwärts. Ich erblicke noch das Schild des UN Beach Club, der sich hinter einem hohen Zaun- und Mauerwerk versteckt. Danach komme ich an alten Villen und UNO-Missionen verschiedener Länder vorbei. Die US-Mission ist wie eine Festung ausgebaut und vielleicht wird von deren turmartigen Bau aus auch spioniert. Die vielen Villen der Orte Pregny mit den Schlössern Penthes und Tournay, Chambésy, Bellevue, Genthod können einen Zürichberg verblassen lassen. Bei Genthod kommen noch kleinere Weinberge dazu. Schöner Wohnen am Léman! Das haben auch Oligarchen und Diktatorentöchter kapiert.

In Versoix muss ich Teerast halten. Ich mache es bei der dortigen Schulanlage. Bei einer Gebäudefront sind Graffiti moderner Ikonen angebracht: Louis Armstrong, Marylin Monroe, Martin Luther King, Che Guevara, Mike Jagger, Bob Marley. Ich fotografiere sie, bevor ich vor ihnen pausiere. Danach komme ich bald auf ein waldiges Stück mit Kiesweg, das vor La Bécassière endet. Dort befindet sich das Winterlager von Jahrmarktbetrieben. Auf einem der Wagen ist der King of Pop, Michael Jackson, abgebildet. Das Bild passt in meine heutige Ikonensammlung. Hinter der Kantonsgrenze gelange ich durch die Waadtländer Orte Mies, Tannay, Commugny nach Coppet. Der alte Kern von Coppet samt dem Schloss, das in Privatbesitz ist, liegt unterhalb der Bahnlinie gegen den See hin. Im Sommerhalbjahr finden dort Ausstellungen und Veranstaltungen statt. Madame de Staël lebte zur napoleonischen Zeit in diesem Schloss und sie empfing dort Intellektuelle aus ganz Europa.

Links:
http://www.swisscastles.ch/geneve/penthes_d.html
http://www.swisscastles.ch/geneve/tournay_d.html
http://www.swisscastles.ch/vaud/coppet/
Zum Seitenanfang
21. November 2014: Coppet - Gland

Der Weg führt zuerst nach Commugny hinauf, an der Kirche vorbei und durch Founex. Dann steigt er zum Schloss Bossey, in dem sich das Institut des ökumenischen Rats befindet. Danach geht es über einem dreckigen, holprigen Weg nach Céligny. Célgny ist eine Enklave des Kantons Genf in der Waadt. Ich frage ein einheimisches Paar nach dem historischen Grund. Der Mann antwortet, es sei eine alte Genfer Besitzung, die in die Zeit der Bernischen Herrschaft über die Waadt zurückreicht. An einem Haus in Céligny ist eine Gedenktafel für Jacques Mallet du Pan angebracht. Er wird laut Internet-Quelle als Pionier der politischen Publizistik sowie als Reaktionär und Monarchist während der französischen Revolution bezeichnet.

Céligny wie das benachbarte waadtländische Crans-près-Celigny bieten herrschaftliche Wohnsitze, die als Kulisse für einen Rosamunde-Pilcher-Film dienen könnten. Das Schloss in Crans befindet sich in privatem Besitz. Via den Wald von Bougy marschiere ich nach Nyon. Der Waldweg ist dreckig. Ich bin um meine Stöcke als Stabilisatoren dankbar. Ich trage nur alte, niedrigschaftige Lowa-Halbschuhe. Es geht trotzdem erstaunlich gut. Jahrelang habe ich mich nicht mit Halbschuhen auf solche Wege gewagt. Wunderbar, dass es geht, fährt es mir durch den Kopf.

Von Coppet nach Nyon ist die Wegzeit mit 3 Stunden 10 Minuten angegeben, von Nyon nach Prangins mit seinem Schloss und Landesmuseum mit 30 Minuten. Nach Gland ist keine Wegzeit via den Jakobsweg und den kleinen Flugplatz angegeben, aber es muss dafür mindestens mit einer Stunde bis eineinviertel Stunden Wegzeit gerechnet werden. Auch in Prangy befinden sich am Schlosshügel feudale Wohnsitze. Auf dem Aerodrom entdecke ich eine Antonov des Antonov Suisse Romande Cubs und fotografiere sie. Gland erreiche ich durch ein verkehrsreiches Gewerbegebiet. Beim Bahnhof kann die Bevölkerung an einem Gebäude der Swissquote via Laufschrift die neuesten Börsenkurse des SMI ablesen. Dieses Gebäude steht im richtigen Umfeld.

Links:
https://www.chateaudebossey.ch/
http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Mallet-du-Pan
http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/crans_d.html
https://www.chateaudeprangins.ch/de
http://www.antonov2.ch
Zum Seitenanfang
23. November 2014: Gland - St-Prex

Von Gland aus erreiche ich bald die auf einem leichten Höhenzug gelegenen Gemeinden Dully und Bursinel. Auch in diesen Gemeinden liegen Schlösser. Es scheint mir, dass fast jede Gemeinde hier ein Schloss zu zeigen hat. Ich fotografiere das aufwendig mit Pfauen und farbigen Blütenmotiven verzierte Eisentor einer Villa. Gehört sie einer arabischen Prinzessin, einer Oligarchentochter oder jemandem aus dem Showgeschäft? Weinberge säumen immer öfter meinen Weg und ich blicke von der Anhöhe in den nebligen See hinaus.

Rolle hat ein reizendes Altstädtchen. Sein Schloss ist ausnahmsweise im Besitz der öffentlichen Hand. Das Inselchen, das zum Schutz des Hafens künstlich aufgeschüttet worden ist, ist zu Ehren des Waadtländer Staatsmannes de la Harpe benannt worden. In Rolle mache ich auf einer Seeufer-Bank meinen Teehalt und beobachte, wie ein Paar Möwen füttert.

Danach steige ich ins Winzerdorf Perroy hinauf, in dem ebenfalls ein Schloss steht und nehme danach den Weg durch das Schwemmland und Waldgebiet der Aubonne nach Bursinel. Ich umgehe so das auf der Anhöhe liegende, auch mit einem Schloss versehene Allaman. Die Wegzeichen im Wald sind nicht so klar und ich verlaufe mich. Ich frage ein Paar, das zwar einheimisch ist, aber die Route nicht genau kennt. Ihr Rat führt mich an einer Kiesgrube vorbei. Dort gerate ich erst recht in den Dreck und meine Schuhe und Hosenstösse sehen dementsprechend aus. Ich gehe nun der Nase nach und entdecke plötzlich weit in östlicher Richtung wieder die Wegzeichen. Von dort geht es noch einige Minuten, bis via einen Steg die Aubonne überschreiten kann. Der Weg ist nach Bursinel hinein weniger ruppig.
Trotz des Dreckes ist folgendes wichtig: Ich bin ein rechtes Stück mit meinen Lowa-Halbschuhen auf dreckigen, ruppigen Wegen gewandert. Ich spüre alle Unebenheiten unter den Füssen und komme mit meinen stabilisierenden Stöcken gut zurecht. Noch vor kurzem hätte ich mich nur mit hochschaftigen Wanderschuhen auf ein solches Gelände gewagt. Ich bin erstaunt.

Ab Bursinel wandere ich entlang des Strässchens nach St-Prex und dort direkt zum Bahnhof. Es ist für heute genug und ich lasse den Hafen und den alten Kern von St-Prex aus.

Von Gland nach St-Prex müssen etwa fünfeinhalb bis sechs Stunden veranschlagt werden.

Links:

http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/dully_d.html
http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/bursinel_d.html
https://www.myvaud.ch/de/P5422/das-schloss-von-rolle
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%8Ele_de_la_Harpe
http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/perroyd.html
http://www.swisscastles.ch/Vaud/allaman/histoire_d.html
Zum Seitenanfang
7. Dezember 2014:  St-Prex - Lutry

Der Weg verläuft zuerst entlang dem Bahngeleise. Ich komme hinter dem Bahnhof an einem Glasmuseum der Vetropack vorbei. Ab dem Maison de la Rivière, einem Gewässerschutz-Zentrum, geniesse ich endlich den Seeuferweg. Rasch gelange ich nach Morges mit seinem Schloss, das als waadtländisches Militärmuseum dient, aber erst ab März wieder geöffnet ist. Ich gehe auf dem flachen Weg wie auf Siebenmeilenstiefeln. In St-Sulpice ist halte ich Teerast. Ich fotografiere im Park nahe der Kirche eine Skulptur, die keinen Namen trägt.

Ich passiere bald danach die Sportanlagen der Universität und des Polytechnikums von Lausanne und gelange danach durch die lang gestreckte Gemeinde Ouchy. Nach den Werftanlagen rieche ich geschmolzenen Käse und entdecke an einem Picknick-Tisch im Park eine Familie beim Fondue. Ich denke sofort: Dies ist die typische Waadtländer Lebensweise. Die Eingeborenen essen an einem Dezembersonntag ihr Fondue im Freien. Sie essen es zu jeder Zeit und zu jeder Gelegenheit. Ich steuere auf die Familie hin und frage sie in meinem Française Federal, ob ich sie fotografieren dürfe. Der Familiensprecher antwortet mir in breitem Schweizerdeutsch, ich dürfe sie fotografieren. Wir lachen über mein Vorurteil und stellen fest, dass sich die deutschschweizerische Familie genauso verhält, wie es von echten Vaudoises erwartet würde. Vielleicht hat die Fondue-Reklame der Käseproduzenten ein solches Vorurteil begünstigt. Die Familie streckt mir ihren Fotoapparat hin, damit ich sie alle auf das Bild banne.

Nach der lustigen Episode bin ich bald beim Schiffsteg von Ouchy, von wo ich im Frühherbst auf die Kreuzfahrt mit dem Belle Epoque Dampfer La Suisse gestartet bin. In den Hafenanlagen entdecke ich eine Büste von Jean-Pascal Delamuraz, der als Bundesrat im Amt gestorben ist. Er war ein weltoffener Freisinniger und ich fotografiere die Büste. In Ouchy befindet sich oberhalb des Ufers das olympische Museum. Lausanne ist die Hauptstadt der modernen, olympischen Spiele. Beim Turm Haldimand, der als eine antike Kopie im 19. Jahrhundert vom Initianten mit dem gleichen Namen errichtet worden ist, raste ich erneut.

Pully nennt sich das Tor zum berühmten Weingebiet Lavaux, aber dort sind noch kaum Rebberge auszumachen. Nach dem kleinen Dort Paudex erreiche ich mein Tagesziel Lutry. Das reizvolle Winzerdorf ist belebt und ich spüre, dass das Lavaux eine touristische Attraktion ist. Es reicht mir vor der S-Bahn-Fahrt nach Lausanne nicht mehr, den Tour de Bertholo zu fotografieren, der aus dem Rebbau-Gebiet oberhalb des Dorfes ragt. Die Fortsetzung Richtung UNESCO-Weltkulturerbe sieht verheissungsvoll aus.

Links:

http://www.maisondelariviere.ch
https://chateau-morges.ch/le-chateau/
http://www.olympic.org/museum
http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/haldimand_d.html
http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/bertholo_d.html
Zum Seitenanfang
11. April 2015: Lutry - Vevey

Für den richtigen Weg entlang der Weinterrassen des Lavaux muss ab Bahnhof Lutry der Weg nach Grandvaux verfolgt werden. Ich muss am Château de Bertholo vorbeikommen. Das Wegschild nach Grandvaux zeigt nach dem Bahnhof nach oben, jenes nach Vevey in 4 Stunden 10 Minuten nach unten zum See. Für die topografisch stärker verwinkelte Route via Grandvaux müssen 5 Wegstunden gerechnet werden. Weil es unterwegs so viel zu entdecken und fotografieren gibt, der Weg durch das UNESCO-Weltkulturerbe wie ein Riesen-Openair-Museum mit erläuternden Schildern versehen ist, muss effektiv mit einer längeren Wanderzeit gerechnet werden. Die Hänge des Lavaux bilden eine grandiose Szenerie mit Weinbergen, Schlössern, Weingütern, alten Dörfern mit historischen Bauten, einer Panoramasicht über den Léman in die Savoyer Alpen, die Waadtländer Voralpen und in das von hochalpinen Bergen umgebene Rhonetal am oberen Ende des Léman.

Nach etwa 20 Wegminuten komme ich bereits am Château de Montagny vorbei. Es ist im Besitz der Banque Cantonale Vaudoise. Unsere Waadtländer Kolleginnen und Kollegen haben uns vor Jahren auf das Schloss eingeladen, als es darum ging, uns im Hinblick auf eine strategische Kooperation im IT-Bereich näher kennenzulernen. Ich sass damals neben Luc Recordon, dem markanten Advokaten, Bankrat und Ständerat aus der Waadt. Letztes Jahr bin ich ihm im Bahnhof von Lausanne wieder begegnet. Der geschäftliche Teil in Montagny wurde durch einen reichhaltigen Aperitif mit Weinen des Schlossgutes abgeschlossen, bevor es zum gemeinsamen Nachtessen ins Montreux Palace ging. Damals war es trüb, heute sehe ich das Schloss bei gutem Wetter wieder und merke mir seine Lage im Kontext der Landschaft so gut, dass ich es später aus dem Intercity von Lausanne nach Zürich tief unter der Bahnlinie ausfindig machen kann.  Montagny gehört zur Apellation Villette.

Der Weg steigt bis Grandvaux und danach noch weiter, um danach steil via Riex bis auf die Höhe des unteren Bahngleises ins Wallis abzusteigen. Ich gelange jetzt in die Gegend und das Dorf der Appellation Epesses, auf die die Appellation Dézaley folgt. Die Hänge sind dort so steil, dass sie mit Transportlifts bewirtschaftet werden müssen. Das obere Ende des Sees rückt immer näher. Ich erblicke auf der anderen Seite St. Gingolph sowie den Einschnitt des Rhonetales.

Erst beim Abstieg nach Rivaz rückt wegen der Topografie des Lavaux quasi der obere Wurstzipfel des Léman vollständig in mein Gesichtsfeld, sofern ich mir die geografische Form des Sees wie eine Wurst vorstelle. Ich sehe jetzt hinter dem Weindorf St. Saphorin den auffälligen Hauptsitz von Nestlé in Vevey, weiter hinten Montreux und endlich das Mündungsgebiet der Rhone.

Leider ist in St. Saphorin die bekannte Herberge Onde mit seinem begabten, afrikanischen Sommelier  geschlossen. Das kleine Lokal am See unten serviert kurz nach zwei Uhr keine Mahlzeiten mehr und führt auch keine kleine Nachmittagskarte. Ich erfahre, dass das Restaurant in Rivaz offen hätte, will aber nicht zurückkehren. Die Weinkellereien am Ort sind geschlossen. Ich halte bei der Kirche unter einem Vordach meine Teerast und esse etwas aus dem Rucksack. Es tröpfelt etwas, trocknet aber danach bald wieder ab.

Nach der Rast steigt der Weg nach Corseaux wieder an. In Corseaux komme ich an einer Weinkellerei vorbei, die offiziell ebenfalls geschlossen hat, aber aus der menschliche Geräusche dringen. Ich trete ein und entdecke eine Gruppe Leute an einer Theke. Ich werde rasch vom Rund aufgenommen und erhalte Wein zum Degustieren. Die Weinkellerei gehört Ludovic Masson. Ich erfahre, dass die Kellereien nur zu beschränkten Zeiten offen haben. Herr Masson erwähnt, dass die Winzer klagen, zu wenig Wein zu verkaufen. Kein Wunder, wenn viele Wandersleute an geschlossenen Weinkellern vorbeilaufen und so auch Laufkundschaft für einzelne Flaschenweine ausbleibt. Ich erkläre ihm, dass im Rheinhessischen, wo meine Grossmutter herkommt, die Weinkellereien häufig anschreiben „Flaschenweine zu verkaufen“.  Die Passanten können dort jederzeit kaufen, wenn die Winzers-Leute zu Hause sind. Immerhin kann ich von Herrn Masson eine Flasche Wein kaufen, die ich zu Hause als Souvenir aus dem Lavaux einkellern werde.

Die Restaurants sind in dieser Gegend ein Problem. Auch das nahe Hotel-Restaurant von Corseaux führt am Nachmittag keine kleine Karte mit einfachen Speisen, wie es in der Deutschschweiz üblich ist. Der ominöse Röstigraben verläuft heute quer durch meinen hungernden Magen. Ich steige danach steil nach Vevey ab und komme noch in der Nähe der Zahnradbahn zum Mont Pèlerin vorbei.

Es muss zur Abrundung meiner Lavaux-Tour protokollarisch festgehalten werden, dass der Mont Pèlerin globale Bedeutung hat. Hier wurde 1947 unter der Führung von Friedrich August von Hayek die Mont-Pelerin-Gesellschaft gegründet. Sie verschrieb sich dem Liberalismus und lehnte Planwirtschaft und Staatsinterventionismus ab. Wirtschaftliche Freiheit und Demokratie gehören zusammen. Gründungsmitglieder waren unter anderen Walter Eucken, Milton Friedman, Frank Knight, Fritz Machlup, Ludwig von Mises, Karl Popper, Wilhelm Röpke, George Stigler. Später strebten die deutsche Schule, welche die soziale Marktwirtschaft befürwortet, und die Chicagoer Schule mit dem Nobelpreisträger Milton Friedman als deren berühmtesten Protagonisten auseinander. Global hat der sogenannte Neoliberalismus um die Chicagoer Schule das weltwirtschaftliche Geschehen der letzten zwei, drei Jahrzehnte geprägt.

Links:
http://www.lavaux-unesco.ch
http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/bertholo_d.html
http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/montagnylutry_d.html
http://www.swisscastles.ch/Vaud/chateau/Glerolles_d.html

https://www.montpelerin.org/montpelerin/index.html

Zum Seitenanfang
13. April 2015: Vevey - Villeneuve

Vom Bahnhof der Nestlé-City Vevey marschiere ich zum See. Dort blickt der in einer Statue verewigte Stummfilm-Star Charlie Chaplin auf den See. Er wohnte am Lebesende ob Vevey.  Hinter der Statue liegt das Alimentarium. Es ist das weltweit einzige Museum zum Thema Ernährung.

La-Tour-de-Peilz ist praktisch mit Vevey zusammengewachsen. Im Schloss befindet sich das Schweizer Spielmuseum. Jetzt muss ich etwas Tempo machen, um vorwärts zu kommen. Prächtige Villen säumen das Seeufer. Eltern mit dem nötigen Kleingeld können ihre Kinder in die St. Georges School von Clarens schicken.  Vor Clarens liegt die kleine Insel Salagnon mit ihrer palastartigen Villa. Lange Zeit hing ein Gemälde dieser Insel bei uns zu Hause, das der Vater von Dady gemalt hatte.

Montreux ist für sein Jazzfestival berühmt. Ich bin überrascht, neben der Statue des amerikanischen Saxophonisten Miles Davis auch solche von Richard Strauss und Igor Strawinski vorzufinden. Letztere werden in der Regel von Symphonieorchestern aufgeführt.  Während der siebziger Jahre nahm ich hier an einem Parteitag der SPS teil. Von Montreux mit seiner Seepromenade und Luxushotels ist es nicht mehr weit zum Schloss Chillon. Ich besuchte es vor wenigen Jahren an einem Novembersamstag.

Das obere Seeufer mit dem Rhonedelta und Villeneuve sind jetzt nur noch eine gute halbe Stunde entfernt. Die Dents du Midi beherrschen immer mehr die Szenerie. Die Landschaft nimmt hochalpinen Charakter an.

Der Weg von Vevey nach Villeneuve ist eine Seepromenade mit städtischem, fast mediterranem Charakter und in etwa drei bis dreieinhalb Stunden zu machen. Der Weg ist mehrheitlich gepflastert. Es gibt genügend Parkbänke zum Rasten.

Links:
http://www.alimentarium.ch/de
https://museedujeu.ch/
http://www.stgeorges.ch
https://www.chillon.ch/de/schloss/
Zum Seitenanfang
19. April 2015: Villeneuve - St. Gingolph

Heute marschiere ich durch das Rhonedelta und das Naturschutzgebiet Les Grangettes nach St. Gingolph. Die Wanderwegzeit wird mit 3 Stunden 20 Minuten angegeben. Ich starte bei kühlem, bedecktem Aprilwetter. Das Naturschutzgebiet ist ein Eldorado für Vogelliebhaber. Es bietet auch Aussichtsplattformen.

Das Rhonedelta wird von verschiedenen Wasserläufen durchschnitten. Ich quere zuerst den Grand Canal. Darauf folgt der Alte Hafen, eine Bucht mit Segelyachten, und darauf der alte Lauf der Rhone. Erst danach gelange ich zur Rhone und überschreite sie auf einer Eisenbrücke. Der Weg folgt ihr ein Stück weit Richtung See und zweigt beim Aquaparc Richtung Le Bouveret ab.

Über den Stockalperkanal führt eine spezielle Brücke. Ich überschreite sie, als ein Alarmsignal erfolgt und die Barrieren beidseitig heruntergehen. Der Verkehr ist jetzt gestoppt, denn die Brücke schiebt sich beiseite, damit ein Motorsegler den Kanal entlang Richtung See fahren kann. Ich marschiere dem nächsten Freizeitpark, dem Swiss Vapeur Parc, an Le Bouveret vorbei. Der Swiss Vapeur Parc ist ein Modell-Eisenbahnen-Park und sicher für Alt und Jung sehenswert. Danach steigt der Weg Richtung St. Gingolph deutlich an, führt durch einen Wald unterhalb steiler, teils felsiger Bergflanken und fällt kurz vor St. Gingolph steil in den Ort ab. Ich überblicke auf der Höhe dieses Weges ein gutes Stück des nördlichen Leman-Ufers und der Strecke, die ich nach Villeneuve zurückgelegt habe.

Nach dem Bahnhof geht es über eine Brücke des Grenzflüsschens Morge auf die französische Grenze. Der Mann am Bahnhof hat Recht. Auf französischer Seite herrscht tote Hose, sind die Restaurants schwach besucht. Er hat mir gesagt, jene auf der Schweizer Seite seien besser. Auf dem Hafenquai überschreite ich einen Steg und bin wieder in der Schweiz. Die Restaurants sind dort gut besetzt und ein Preisvergleich bei den frittierten Eglifilets zeigt mir, dass die ebenfalls in Euro angeschriebenen Schweizer Preise fair sind. Offenbar ziehen die Menschen die bessere Qualität vor, wenn die Preisdifferenz nicht gross ist. Ein Schild weist auf ein Museum hin, das Schiffsmodelle des Léman ausstellt und an Samstagnachmittagen geöffnet ist.

Lilo Illi hat mich aufmerksam gemacht, dass das durch die Grenze geteilte Dorf St. Gingolph - die gemeinsame Kirche liegt auf französischem Boden - 1944 Zeuge eines blutigen Dramas zwischen der Résistance und deutschen Soldaten geworden ist. Sie hat mir den Link des NZZ-Artikels gesandt, der an dieses historische Ereignis erinnert: http://beta.nzz.ch/schweiz/blick-zurueck/tragoedie-am-genfersee-1.18347265 

Mein Therapiekollege Edi Burlet hat mir erzählt, bis zum Zweiten Weltkrieg hätte zwischen Genf und St. Gingolph am französischen Seeufer eine Eisenbahnlinie bestanden.

Zu Nachtragen ist ferner, dass bei einem Unwetter einige Tage nach meinem Besuch das Flüsschen Morge über die Ufer getreten ist und den Ortskern samt dem Restaurant, in dem ich gespiesen habe, zerstört hat.

Links:
http://www.artenschutz.ch/grangettes.htm
http://www.aquaparc.ch
http://www.swissvapeur.ch/de/
https://museedestraditions.com/
Zum Seitenanfang
23. April 2015: Villeneuve - St. Maurice

Das Radwegschild gibt die Distanz mit 30 Kilometern und das Wanderwegschild mit 7 Stunden 30 Minuten an. Ich kürze mit der Route via Noville, danach den Grand Canal folgend und Chessel etwa um eine gute halbe Stunde ab. Nach dem Deutsch klingenden Dorf Chessel erreiche ich die Rhone und kann ihr auf dem Dammweg folgen. Auenwälder säumen das Rhoneufer. Ich habe für einige Stunden die Dents du Midi im Blickfeld.

Weit oben auf der südlichen Seite sitzt wie eine Burg das frühere thermische Kraftwerk Chavalon auf einer Anhöhe. Die elektrische Zentrale, die ölkessel, die Pipeline und andere Gebäude sind nahe Chessel gut sichtbar. Ein Einwohner erzählt mir, dass das öl von der nahen Raffinerie Collombey hinaufgepumpt worden sei. Die Anlage ist ausser Betrieb und die Zukunft der Raffinerie Collombey höchst ungewiss.

Ich raste ein erstes Mal an der Böschung des Rhoneufers und muss mich mangels Sitzbank auf den Rasen setzen. Gut habe ich für solche Zwecke immer eine Zeitung bei mir, die auch als Sitzunterlage dienen kann. Bei der Mündung des Flusses Grande Eaux zweigt ein Weg nach Aigle ab. Der Weinort mit seinem Schloss und Weinbaumuseum liegt weit nördlich. Die Grande Eaux fliesst aus dem Ormont-Tal. Vor einigen Jahren habe ich Aigle samt Schloss nach einer Autofahrt über den Col de Pillon besucht. Etwas weiter flussaufwärts folgt eine Abzweigung nach Bex. Der Ort ist für seine Salzsalinen bekannt.

Gegenüber von Collombey raste ich ein weiteres Mal an der Rasenböschung. Vielleicht wird das alles samt dem Eisenbahnterminal und den riesigen öltanks zu einer Industrieruine. Am nördlichen Rhoneufer liegt das Velodrom und Hauptquartier des World Cicling. Dieser wie auch andere bedeutende, internationale Sportverbände haben aus steuerlichen Gründen sowie wegen der ausgezeichneten Infrastruktur ihren Hauptsitz in der Schweiz. Dafür profitieren der Fiskus von der Besteuerung der fürstlichen Saläre der hohen Sportfunktionäre und die Volkswirtschaft von den Aufwendungen und dem Tourismus, den solche Organisationen mit sich bringen.

Es wird immer wärmer und ich kann meine Jacke in den Rucksack verstauen. Das Tal weitet sich immer mehr, denn nördlich zieht sich das Ormont-Tal hinauf und südlich jenes nach Champéry. Je weiter ich marschiere, umso mehr verändert sich das Erscheinungsbild der Dents du Midi und verengt sich das vor mir liegende Tal. Bei Massongex entdecke ich die erste Sitzbank seit Villeneuve am Rhoneufer. Jetzt ist es nicht mehr weit nach St. Maurice. Die Felswände an den beiden Seiten des Tales kommen immer näher und ich erblicke das Schloss St. Maurice, das praktisch an der engsten Stelle steht, wo sich die Rhone rauschend durchzwängt, ebenfalls die Autobahn nördlich des Wanderweges. Ich überschreite beim Schloss die Rhonebrücke. Beim Schloss liegen auch der Park der Feen sowie eine Festungsanlage.

Ich gelange in das Zentrum des alten Ortes mit seiner historisch herausragenden Abtei. Sie ist die älteste Abtei des Abendlandes, die noch in Betrieb ist. Sie feiert dieses Jahr das 1500-Jahr-Jubiläum. Sie ist zum Gedenken an den heiligen Mauritius errichtet worden, weil dort - genauer bei der Stelle der Kapelle Vériollaz -  der thebäische Heerführer Mauritius sowie seine über 6‘000 Soldaten von den Römern massakriert worden sind. Der aus dem ägyptischen Theben stammende Mauritius wollte sich nicht an der Christenverfolgung beteiligen, aber sich aus Gründen der Loyalität als römischer Soldat auch nicht gewaltsam gegen die Römer wenden. So blieb ihm und den anderen christlichen Soldaten in römischen Diensten nur das Martyrium. Das ursprünglich römische Agaunum wurde später nach dem heiligen Mauritius umbenannt. Gemäss der Legende konnten einige Persönlichkeiten aus seinem Heer fliehen. Felix, Regula und Exuperantius flohen nach Zürich, wo sie der Märtyrertod erreichte und sie zu Stadtheiligen werden liess. Ursus und Viktor flohen nach Solothurn und die ägypterin Verena suchte vermutlich in Solothurn nach Viktor. Sie liess sich in der Verenaschlucht nieder, unterwies Kinder und vollbrachte gute Taten. Ich begegnete ihrer Geschichte 2012, als ich mit meiner Cousine Gisela von Solothurn via Verenaschlucht auf den Weissenstein stieg. Bei der Tierfehd unterhalb der Linthschlucht entdeckte ich 2014 ein Schild, das auf den Weg der Zürcher Stadtheiligen über die Alpen nach Zürich hinweist. Ich habe vor, der Sache mit den schwarzen Heiligen der Schweiz in einem separaten Projekt auf den Grund zu gehen. Es ist der Bevölkerung zu wenig bewusst, dass es Afrikaner, Schwarze waren, die in der Schweiz zu einer frühen Christianisierung der Heiden beigetragen und für ihren Glauben gestorben sind. Legenden haben immer einen wahren Kern und sagen etwas über ein Volk und seine Entwicklung aus.

Auf dem Vorplatz der Abtei kann ich mich endlich auf eine Sitzbank sitzen und noch etwas trinken und aus dem Rucksack picken. Es ist fünf Uhr und ein geradezu himmlisch feines Glockenspiel entzückt meine Sinne und die Augen streichen über die alten, gepflegten Gebäude und die steilen, sonnendurchfluteten Hänge auf der Gegenseite.

Links:

https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerk_Chavalon
http://www.chateauaigle.ch/de/sportundfreizeit/schloss
https://www.cmc-aigle.ch/
http://www.mines.ch/de/besichtigungen

http://www.abbaye-stmaurice.ch/page.php?label=home
http://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/schatz-schau-in-der-abtei-saint-maurice
http://www.nzz.ch/schweiz/1500-jahre-gotteslob-nonstop-1.18547588

https://www.chateau-stmaurice.ch/site/
http://www.grotteauxfees.ch

Zum Seitenanfang
26. April 2015: St. Maurice - Martigny

Es nieselt, als ich abmarschiere. Ich fühle mich in meiner neuen Windjacke vom Regen geschützt. Unterwegs werde ich anfänglich noch von starken Böen erfasst. Der Wind bläst stark durch das verengte Tal. Zu Recht sind entlang der Route zwei einzelne Windturbinen aufgestellt. Ich wähle die Via Francigena als Route. Sie ist mit 4 Stunden 35 Minuten etwas länger als die Route den Fluss entlang und via „Coude du Rhone“, dem Ellbogen der Rhone.

Ein Stelenweg für die Märtyrer führt zur Kapelle von Vériollaz, der Richtstätte der thebäischen Legion. Ich spreche in der Kapelle ein kurzes Gebet im Gedenken an die Menschen, die für ihren christlichen Glauben gestorben sind. Das Thema ist leider immer noch aktuell.

Über Weiden und durch Wald führt ein teils gröberer Weg nach Evionnaz. Zwischen Evionnaz und La Balmaz liegt ein Werk der BASF. Dies zeigt sich an den Fässern auf dem Werkareal und den Röhren, die sich entlang des Komplexes ziehen. War Napoleon in La Balmaz? Ein Restaurant ist nach ihm benannt. Ich pausiere an einem schönen Plätzchen mit Sitzbänken und geniesse die Sonne und das wärmer werdende Wetter. Die Regenjacke gehört jetzt in den Rucksack und die Schirmmütze auf den Kopf.

Ich mache unterwegs einen Abstecher, um die Cascade de la Pissevache, auf gut Deutsch, den Kuh-Urinstrahl-Wasserfall, zu fotografieren. Ich schmunzle über den derben Humor der Walliser; und es scheint mir, dass sich der österreich-stämmige Regierungsrat Oskar Freysinger mit seiner Poesie mit Anspielungen über den Analbereich als angepasser Walliser zeigen will. Mein Kollege Edi Burlet hat mir berichtet, dass der Wasserfall vor dem Bau des Kraftwerkes viel mächtiger gewesen ist.
Nach Vernayaz komme ich zur atemberaubend engen Gorges du Trient. Bei der Brücke über die Trient und auf der anderen Seite der Bahnlinie nach Chamonix liegt der Zugang zu einem hölzernen Steg durch die Schlucht. Sie erinnert mich an die Aareschlucht und die Linthschlucht. Leider ist der Weg erst ab Mai geöffnet.

Nach der Brücke marschiere ich durch einen „Forêt d’Humide“, also durch einen Regenwald oder Feuchtgebiet. Der Weg ist ruppig und ich spüre die Unebenheiten und Steine mit den Lowa-Halbschuhen stärker als mit den hochschaftigen Wanderschuhen. Ich muss meine Gelenke viel stärker korrigierend beanspruchen. Dies ist laut meiner Therapeutin für das Training meiner Koordination wertvoll, aber auch riskanter. Ich bin um meine Stöcke als Stabilisatoren froh, insbesondere als ich durch ein Gebiet mit mehr Gesteinsbrocken komme. Jedenfalls bin ich froh, dass ich gegen Ende in der Nähe einer Kraftwerkszentrale an einem Rastplatz ruhen kann. Ich blicke von dort in einen blühenden Obsthain. Gleichwohl zieht sich der Weg noch am Ort La Batiaz unterhalb der Burg via die Dranse-Brücke zum Bahnhof Martigny. In Martigny kenne ich von früheren Besuchen die Fondation Pierre Giannada, das Bernhardinermuseum mit seiner Zuchtstätte, das römische Amphitheater sowie andere Römerbauten.     

Links:

http://www.chemins-bibliques.ch/chemins.html
https://www.valais.ch/fr/activites/sites-naturels/sites-geologiques/cascade-de-la-pissevache
https://www.valleedutrient.ch/de/schluchten-von-trient-fp256
http://www.batiaz.ch
http://www.gianadda.ch
https://denkmalpflege-schweiz.ch/2022/02/03/kulturschaetze-der-roemerstadt-martigny/
https://www.fondation-barry.ch/de/
Zum Seitenanfang
30. April 2015: Martigny - Sion

Ich bewundere noch einmal den Taurus des kürzlich mit 104 Jahren verstorbenen Künstlers Hans Erni bei einem Verkehrskreisel und gehe danach entlang der Dranse zum Coude du Rhone, dem Ellbogen der Rhone. Dort mündet die Dranse unter der Autobahn in die Rhone. Das Velowegschild gibt mir den Tarif durch: 30 Kilometer nach Sion. Von Martigny her an die Coude du Rhone wird die Wanderwegzeit mit 40 Minuten angegeben, macht heute etwas unter 33 Kilometer Wegdistanz oder gut acht Stunden Marschzeit.

Ich marschiere entlang der träg hinabfliessenden, grau-grünen Rhone auf dem Damm durch eine Landschaft, die ich mir wegen der sich aneinander reihenden Obsthaine als Garten Eden vorstellen könnte. An den teils felsigen, mehr oder weniger steilen Hängen erstrecken sich die Weingärten Gottes mit pittoresken Dörfern. Weiter oben schliessen hohe Felswände mit leuchtend weissen Schneekappen meine Wegstrecke ab. Das Idyll wird durch die Autobahn, einzelnen Kiesgruben und mit dem näher kommen von Sion durch krachende Jets und röhrende Helikopter durchbrochen.

Als Blickfang dient zuerst die auf einem steilen Hügel liegende Burg von Saillon, unter der das mittelalterliche Städtchen sich erstreckt. Nach Riddes dient der markante Hügel von Montorge mit seiner Schlossruine darauf als nächster Blickfang, hinter dem bald auch die Hügel von Tourbillon sowie von Valère mit dem leuchtenden Schloss auftauchen. Sie ziehen mich magnetisch an, obwohl ich noch Stunden zu gehen habe. Bellinzona hat drei Burgen, die als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt sind, Sion zählt deren vier, aber sie sind nicht Weltkulturerbe. Ich empfehle einen Spaziergang zu allen.

Unterhalb von Aproz liegt die bekannte Mineralwasserquelle. Vor Sion dienen die Teiche namens Les Iles als Erholungs- und Freizeitgebiet. Danach quere ich am Flughafen vorbei in die Stadt und zum Bahnhof. Auch heute sind Sitzbänke entlang der Rhone eine solche Rarität, so dass ich mich zum Rasten dreimal ins Ufer-Gras setzen muss.

Links:
http://www.swisscastles.ch/Valais/chateau/saillon_d.html
http://www.swisscastles.ch/Valais/chateau/montorge_d.html
https://siontourisme.ch/de/die-schloesser
http://www.museen-wallis.ch/geschichtsmuseum/prasentation.html
Zum Seitenanfang
8. Mai 2015: Sion - Sierre

Ich verlasse den Bahnhof von Sion auf der südlichen Seite. Beim Kreisel gibt der Radweg nach Sierre 17 Kilometer an, in Sierre wird die Distanz nach Sion mit 19 Kilometern angegeben. Vielleicht liegt die Wahrheit in der Mitte bei 18 Kilometern. Ich laufe gemäss Radwegschild der Strasse entlang Richtung Osten. Bei der Brücke von Sion erreiche ich die Rhone und gelange auf den Wanderweg. Dort wird die Zeit nach Sierre mit 4 Stunden 20 Minuten angegeben.

Bald lasse ich den Tourbillon-Burghügel hinter mir, blicke die steilen Rebberge hinauf und strebe St. Léonard entgegen. Dort wechsle ich auf die südliche Flussseite und marschiere ich dem ausgedehnten Naturschutzgebiet Pouta Fontanalac entlang. Ich raste bei einer Aussichtsplattform mit Blick auf die Schilf- und Seenlandschaft. Ein vielstimmiger Gesang der Vögel erfreut mich. Noch leuchtet weit hinten das Bietschhorn, aber auch dieses verschwindet allmählich aus meinem Blickfeld.

Nach der Rast komme ich flott voran. Vor der Brücke von Chalais liegt ein saniertes, renaturiertes und eingehagtes Deponiegelände der Aluminiumindustrie. Boden und Grundwasser wurden durch die Aluminium- und Fluorabfälle des nahen Aluminiumwerkes von Chippis verseucht. Unter den Emissionen der früheren Alusuisse litt auch der Pfynwald zwischen Sierre und Leuk, der während der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts fast zugrunde ging. Er musste geschützt und wieder aufgeforstet werden. Es scheint mir, wie wenn es damals im Wallis wie in einem Drittwelt-Land heute zuging, wo Rohstoffe abgebaut werden und Fabriken ungebremst Schadstoffe ausstossen können.

In Chippis mache ich einen kleinen Abstecher zum Gelände der ursprünglichen Alusuisse. Heute ist die Firma im Besitz der kanadischen Alcan und ihr Werk dort heisst Constellium. Ich überschreite die Brücke des Baches La Navisence, um vom Parkplatz aus diese historische Werksanlage zu fotografieren. Eine Druckleitung führt vom steilen Hang zum Werk. Es hat sich ursprünglich durch ein eigenes Kraftwerk versorgt, das heute zur Alpiq gehört. Das Gelände ist mit einem Industriegeleise erschlossen. Die Infrastruktur ist vorzüglich. Laut Wikipedia bestand beim Bau des Aluminiumwerkes der Alusuisse ein weiterer Vorteil: Die Löhne im Wallis waren tiefer als an anderen Industriestandorten wie Schaffhausen. Ich fotografiere auch die Rhone flussaufwärts, die dort durch eine felsige, enge Stelle fliesst. Dann taucht ein kleines Feuerwehrauto auf, dem ein Mann entsteigt. Er erklärt mir, dass ich auf einem Firmengelände sei und nicht fotografieren dürfe. Ich antworte ihm, dass ich alle Flüsse erwandern würde und an der Industriegeschichte interessiert sei. Chippis ist ein historisches Industriegelände. Danach verabschieden wir uns höflich.

Ich überschreite die Rhone bei der Brücke Chippis und laufe durch die zerklüfteten Felsenhügel nach Sierre. Dabei entdecke ich, dass in Sierre ein Rilke-Museum existiert. Der grosse deutsche Dichter lebte von 1921 bis 1926 im Château de Muzot nahe Sierre. Die dunklen Wolken und die starken Windböen mahnen jedoch zur Eile. So erreiche ich den Bahnhof trockenen Fusses.


Links:

https://www.drosera-vs.ch/
http://www.pronatura-vs.ch/pouta-fontanalac-de-la-corne-grone
http://de.wikipedia.org/wiki/Alusuisse
http://www.fondationrilke.ch/pages/fr/
https://chateaudemuzot.ch/
Zum Seitenanfang
10. Mai 2015: Sierre - Turtmann

Ich wähle die Route von Sierre nach Leuk via die Rebbaudörfer Salgesch und Varen. Ich bin die alternative Route durch das national bedeutende Naturschutzgebiet des Pfynwaldes in früheren Jahren zweimal begangen. Die Wegzeichen sind nicht überall klar und ich drehe mich auf einem Weg durch die Rebberge vor Salgesch an einem Ort im Kreis. Der Geruch in den Weinbergen erinnert mich an Mettenheim, dem Winzerdorf und Geburtsort meiner Mutter im Rheinhessischen, so dass ich ein heimisches Gefühl bekomme.

Erst in Salgesch lese ich an einem Schild, dass der Bach Raspille zwischen Sierre und Salgesch die Sprachgrenze bildet. Die französisch-sprachigen Walliserinnen und Walliser sind deutlich in der Mehrheit. Die Vorlage für eine neue Walliser Kantonsverfassung, die der deutsch-sprachigen Bevölkerung einen Minderheitsschutz im Kantonsrat gewährleisten soll, ist umstritten. Die Volksabstimmung findet im Mai 2015 statt.

In Salgesch bieten eine Reihe von Kellereien Wein und Degustationen an. Ich lese, dass die öffnungszeiten der Weinkellerei im Dorfzentrum weit ausgedehnter sind als bei jenen im Lavaux.  Von montags bis samstags hat die Kellerei während der Bürozeiten geöffnet.

Ich leiste in der Kirche Salgesch Fürbitte für den jüngst verstorbenen Kantonsratskollegen Jörg Rapold. Die Medien berichten, dass er Suizid begangen hat, weil die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts der Unterschlagung in Millionenhöhe untersuchen wollte. Jörg Rapold war ein Mitglied der sogenannt besten Gesellschaft und Zunftmeister der Zunft Kämbel. Er war ein hartnäckiger Verfechter einer Privatisierung der Zürcher Kantonalbank und wir haben uns deswegen auch rhetorische Auseinandersetzungen im Parlament geliefert. Nach meiner Fürbitte für seine Seele hat mein Gefühl der Genugtuung dem des Bedauerns Platz gemacht, dass es mit einem rhetorisch so brillanten Parlamentarier so enden musste. Ich bin selber über die Wirkung der Fürbitte an mir erstaunt gewesen, ob sie ihm genützt hat, bleibt im Dunkeln.

Danach marschiere ich bis fast nach Varen weiter und raste auf einer Sitzbank mit Aussicht auf den Pfynwald und weit zurück bis zu den markanten Burghügeln von Sion. Nach Varen steige ich steil bis fast zur Kantonsstrasse ab. Ich überschreite auf einer Brücke den von Leukerbad kommenden Bach Dala und fotografiere die Eisenbahn- sowie die weit oben liegende Strassenbrücke von Varen nach Leuk, die die Schlucht überspannen. Dann durchschreite ich ein kleines Tor und gelange via Rebwegen unterhalb von Leuk auf die Strasse nach dem Leuker Ortsteil Susten. Hoch oben erblicke ich kurz die Gemmiwand ob Leukerbad. Ich pausiere beim Bahnhof Leuk.

Dann habe ich wieder Schwung für den Flussweg nach Turtmann. Ich meistere das etwa einen halben Kilometer lange, schmale, felsige Wegstück trotz den Lowa-Halbschuhen akzeptabel. Bis jetzt bin ich solche Wege immer mit den knöchelhohen Wanderschuhen gegangen, aber ich versuche dieses Jahr, mehr mit den Halbschuhen zu gehen. Dies fordert meine Koordination mehr und verbessert hoffentlich meinen Gleichgewichtssinn. Unterwegs treffe ich auf zwei Blindschleichen und fotografiere eine. Seit Jahren habe ich keine Blindschleichen mehr gesehen. Das Flusstal weitet sich wieder und ich überquere die Brücke zur Bahnstation Turtmann. Rhone-aufwärts funkelt das verschneite, spitze Bortelhorn und flussabwärts dominiert die Silhouette des Haut de Cry.

Die offizielle Wegzeit von Sierre nach Leuk ist 3 Stunden 20 Minuten und von der Bahnstation Leuk nach Turtmann 1 Stunde 30 Minuten. In Leuk-Bahnstation zeigt der Veloweg noch 33 Kilometer nach Brig und in Turtmann noch 27 Kilometer. Ob Leuk endet der Weinwanderweg von Martigny bis nach Leuk. Auf dieser Route entlang der Rebberge und Weindörfer hätte ich einige Tage mehr Zeit benötigt und Anfahrts- sowie Heimfahrt wären länger und komplizierter gewesen. Diese Route ist geeignet, wenn ein Stützpunkt wie eine Ferienwohnung genommen wird.

Links:
https://www.pfyn-finges.ch/de/
http://www.weinwanderungen.ch/index.php?page=310
http://www.schlossleuk.ch
Zum Seitenanfang
17. Mai 2015: Turtmann - Brig

Ich blicke nochmals zur Käserei gegenüber dem Bahnhof. Leider hat sie heute Sonntag geschlossen. Dann überquere ich die Rhonebrücke nach Getwing. Noch 27 Kilometer nach Brig laut Radwegschild. Weil ich richtig auf eine Toilette muss, folge ich dem Strässchen. Bei Kirche und Friedhof, wo es meistens eine Toilette gibt, fehlt sie. Ausgangs Niedergampel hat ein Restaurant offen und ich frage die Wirtin, ob ich die Toilette aufsuchen darf und biete ihr ein Entgelt an. Die Wirtin lässt mich und sagt, dass ich nichts zu zahlen brauche. Die Toilette ist einwandfrei sauber und ich lege ihr nachher einen Franken auf den Tresen, den sie dankend entgegennimmt. Meistens funktioniert es gut, wenn es eine persönliche Notlage zu lösen gibt. Erleichtert kann ich jetzt ausziehen.
Danach zweigt der Veloweg zum Rhone-Ufer und vereint sich mit dem Wanderweg. Bei Gampel-Steg fliesst die Lonza in die Rotten, wie die Rhone im Oberwallis heisst. Die Lonza fliesst aus dem Lötschental hinunter. Das Radwegschild zeigt 8,5 Kilometer nach Goppenstein an. Lustigerweise folgt danach das Ort Niedergesteln. Ein Obergesteln liegt oberhalb von Ulrichen im Goms. Üblicherweise liegen Ortschaften mit gleichem Wortstamm, hier „Gesteln“ nebeneinander und nicht Dutzende von Kilometern auseinander.

Raron nennt sich Rilke-Dorf. Der deutsche Dichter Rainer Maria Rilke ist auf dem Burghügel von Raron begraben. Sogar der Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl soll dort sein Grab besucht haben. Das Schlossmuseum ist von Juni bis September geöffnet. In ihm wird auch eine Ausstellung der berühmten Walliser Autorin und Frauenrechtlerin Iris von Roten gewidmet. Ihr Buch „Frauen im Laufgitter“ ist bahnbrechend für die Frauenfrage in der Schweiz gewesen. Ihr Mann hat sie in Sachen Gleichberechtigung unterstützt.

Zwischen Ausserberg und Raron ist ein wunderschöner Kulturweg angelegt und mit Rastplätzen ausgestattet worden. Ich folge dem Kulturweg bergwärts und raste im reizvollen St. German. Ich geniesse vom Weg eine herrliche Aussicht über das Rhonetal. Visp liegt tief unter mir. Der Eingang des neuen Lötschbergtunnels liegt direkt unter St. German. Bei der Einfahrt in den Tunnel ist die Kirche von St. German auf dem Felsen oben gut sichtbar.

Der Weg nach Ausserberg wird etwas ruppiger und ich nehme die Stöcke zur Hand. Kurz unterhalb von Ausserberg nehme ich die falsche Abzweigung. Das Schild „Kulturweg“ ist an einem Hag unterhalb der Abzweigung irreführend platziert, so dass ich den unteren Weg nehme und nach etwa zehn Minuten an einem toten Ende umkehren muss. Wieder sind über 20 Minuten unnötig verloren gegangen - und dies bei der Mittagshitze. Ich steige wieder steil auf und gelange via den oberen Weg rasch nach Ausserberg. An einem Kletterfelsen üben Kinder und Jugendliche unter Anleitung und gut gesichert das Klettern. Dies ist eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung für junge Menschen, die so früh lernen, mit Risiken umzugehen und ihre körperliche Wendigkeit schulen.

In Ausserberg liegt ein Bahnhof der alten Lötschberg-Linie, deren Rampe weit oben bis nach Brig über dem Rhonetal entlang führt. Ich steige bei Aussenberg dem verkehrsarmen Strässchen entlang nach Baltschieder ab. Der Wanderweg sieht mir bei der Strassenabzweigung viel zu ruppig aus. Ich raste bei einer Bank kurz oberhalb von Baltschieder. Dann steige ich durch das Dorf ab und gehe der Strasse entlang bis zur Kummen-Brücke über die Rotten nach Visp. Von dort folge ich dem Weg am Lonza-Werk vorbei nach Lalden. Die Lonza hat in Visp ihr Hauptwerk und ist ein bedeutender Arbeitgeber. Ihr Hauptsitz ist in Basel. Beim Bau der A9 ins Wallis wurden ihre früheren Umweltsünden aufgedeckt. Gewässer und Böden sind zwischen Visp und Raron mit Quecksilber kontaminiert.

Vom Dorfbrunnen von Brigerbad trinke ich einen halben Liter Wasser und fülle meine Flasche neu. Das Thermalbad liegt weiter oben Richtung Brig. Danach zieht sich der Weg bis Brig noch erklecklich. Die Eisenbahnrampe liegt lange Zeit immer noch weit oben und es scheint unendlich lange zu gehen, bis sie hinunterkommt, was zeigen würde, dass endlich Brig kommt. Ein Wasserfall fällt dramatisch unter dem Bahnviadukt hindurch. Unten ist eine Fischzucht eingerichtet worden. Meine Beine sind jetzt zu steif, um den schmalen Pfad für einen guten Fotoblick aufzusteigen. Bald danach finde ich eine Sitzbank zur erneuten Rast. Dann geht es noch eine halbe Stunde bis zur Brücke von Naters nach Brig. Bei der Geflügelfarm unterwegs frage ich mich, ob diese Bodenhaltung oder wegen dem Zugang zur Frischluft, Freilandhaltung ist.

Noch ein Wort zum Blickfang Bortelhorn. Ich habe ihm praktisch ab Sierre entgegengeblickt. Es ist in der Mitte des Tales, ja fast links von mir gelegen, was bedeutet hätte, dass es nördlich der Rhone liegt. Noch von den Lonza-Werken in Visp aus ist es in der Mitte des Taleinschnittes gestanden. Je näher ich nach Brig gekommen bin, umso mehr ist es nach rechts verschwunden. Es liegt folglich südlich der Rhone. Als es so nahe kommt, dass ich es fotografieren will, wird es durch einen Hochspannungsmast verdeckt. Ich marschiere mit der Hoffnung auf einen günstigeren Fotoblick weiter. Nach dem Waldstück ist es jedoch verschwunden und die Berge des Simplongebietes erscheinen oberhalb des Taleinschnittes bei Brig. Der Tanz des Bortelhorns mit meinen Sinnen ist vorüber und dieser lange Rhoneabschnitt von Villeneuve nach Brig beendet. Mit dem Aufstieg ins Goms liegt der letzte grosse Abschnitt vor mir.

Links:

https://raron.ch/sehenswertes-raron/
http://www.brig-wallis.com/rilke-grab-in-raron.html
http://www.derkulturweg.com
http://de.wikipedia.org/wiki/Lonza_Group#Quecksilberbelastung_im_Raum_Visp
http://www.thermalbad-wallis.ch

https://www.stockalperstiftung.ch/home
Zum Seitenanfang
18. Juni 2015: Brig - Ernen

Ich überquere nach dem Bahnhof die Brücke nach Naters und gehe bis zur Mündung der Massa und dem Massakraftwerk der Rhone entlang und durchquere danach Bitsch. Von dort steigt der Weg Richtung Mörel nach oben. Ein Jogger macht mich auf den Hennebique-Kanal aufmerksam. Dieser wurde Ende des 19. Jahrhunderts nach der Methode des französischen Ingenieurs Hennebique erreichtet und hat das Wasser vom Wehr Mörel zum Kraftwerk geführt. Der Kanal ist im 20. Jahrhundert durch eine moderne Leitung ersetzt worden. Heute ist es möglich, der Kanaldecke entlang hoch über dem Hang und dem Laubwerk bis nach Ebnet z’Matt zu schreiten. Dann steigt der Weg steil ab, überquert die Strasse, unterquert die Bahnlinie und gelangt über einen Steg zur anderen Rhoneseite.

Dort geht es der rauschenden Rhone entlang nach Mörel und es wird ein Inselchen mit Naturschutzgebiet durchquert und das Kraftwerk bei Mörel passiert. Von Mörel führen Bergbahnen in die Riederalp und die Aletsch-Arena. Nach Mörel steigt der Weg nach Grengiols. Ich raste etwas erhöht, wo ich einen Rundblick bis in die Riederalp und Bettmeralp sowie das Dorf Betten geniesse, bevor ich mich an den eigentlichen Aufstieg mache. Auf genussreichem Höhenweg erreiche ich den Landschaftspark Binntal und die auf verschiedene Weiler aufgeteilte Gemeinde Grengiols.

Etwas erhöht ob Grengiols raste ich noch einmal und mache mich auf die Durchquerung des Binntals Richtung Ernen. Zwischen Ried und Hockmatta ist der Weg wegen eines Hangrutsches unterbrochen und die Wanderer werden auf eine Umleitung geführt, die zuerst steil ansteigt und danach auf schmalem, leicht ausgesetzten Pfad noch steiler absteigt. Dort muss ich eine Gruppe Mountainbiker kreuzen, die ihre Räder hinaufbuckeln. Sie helfen mir beim sicheren Kreuzen und Absteigen. Hockmatta ist eine kleine Ansammlung von alten Holzhäusern und einer Kapelle. Ein Hirtenhund bellt mir hinterher, als ich den Elektrozaun entlang absteige. Schafe muhen zufrieden, denn sie wissen sich sicher. Der schmale Pfad steigt steil ins Tobel, durch das die Binna hinunterrauscht. Nach dem Steg geht es ebenso steil hinauf und bald bellt mir der nächste Hirtenhund entgegen.

Kurz vor der Strasse treffe ich bei einer Holzhütte auf einen deutschen Schäfer, der junge Hirtenhunde betreut. Er ist mit der Arbeit als Schäfer im Wallis zufrieden. Beim Aufstieg zur Strasse begegne ich seiner Frau und den Kindern, die zu ihm hinabsteigen. Ich raste nochmals beim Parkplatz Am Wasen beim Zauberwald, einem familienfreundlichen Erlebnispark. Danach strebe ich leichtfüssig und gängige Melodien plärrend und pfeifend Ernen zu. Dies passt zum Musikdorf Ernen, das für seine Konzertveranstaltungen bekannt ist. Ernen pflegt sein Ortsbild und um den Dorfplatz reihen sich alte, verzierte Holzchalets.

In Mörel habe ich ein Wanderwegschild gesehen, das 2 Stunden 30 Minuten nach Brig hinab und 4 Stunden nach Ernen hinauf anzeigt. Wird der Umweg bei Hockmatta sowie die tendenziell längere Aufstiegszeit von Brig nach Mörel als die Abstiegszeit berücksichtigt, können gut 7 bis 7 Stunden 30 Minuten reine Marschzeit anfallen. Es hätte in Ernen schöne Lokale zum Einkehren, aber es ist spät und es hat begonnen zu regnen. Das Postauto nimmt mich mit.

Links:

http://www.landschaftspark-binntal.ch
https://www.zauberwaldernen.ch/de

http://www.musikdorf.ch
Zum Seitenanfang
21. Juni 2015: Ernen - Obergesteln

Wie es sich für ein Musikdorf gehört, entsteigen dem Postauto am Dorfplatz Ernen einige Musikerinnen und Musiker mit ihren Instrumenten. Es ist bewölkt und es tröpfelt immer wieder am Vormittag. Mit der Dauer des Tages bricht immer häufiger die Sonne durch die Wolken und trocknet es ab. Die moderate Temperatur kommt mir für die lange Distanz zugute.

Auf dem Weg nach Niederwald komme ich in Mühlebach vorbei. Ich sehe ein Schild „Hängebrücke“, aber ich sehe sie erst im Zug zurück nach Brig. Sie ist neu und noch nicht auf meiner Karte und verbindet Mühlebach mit der Haltestelle Fürgangen-Bellwald. Unter der luftigen Hängebrücke rauscht die Rhone durch die tief eingeschnittene Schlucht. Dies muss für die Wandersleute ein Erlebnis sein, denn jene auf der Brücke schauen immer wieder nach unten.

Niederwald ist der Geburtsort des weltberühmten Hoteliers Cäsar Ritz. Die Gemeinde hat ihm ein Denkmal gesetzt und es existiert ein Cäsar Ritz Lebensweg. In Niederwald habe ich im Winter 2012 meine Winterwanderung nach Oberwald gestartet und zwei Etappen dafür benötigt. Der Rottenweg im Sommer verläuft ab Niederwald dort, wo im Winter die Loipe entlangführt.

Rassig komme ich an Blitzingen vorbei, an Biel und ich raste vor Gluringen. Ich erinnere mich noch, wie ich im Winter über die Holzbrücke zum Bahnhof Reckingen gelaufen bin. Der Rottenweg im Sommer kommt im Gegensatz zur Winterroute nicht durch die Dörfer. Wer ins Dorf zum Bahnhof will, muss abzweigen. So sehe ich Münster nur weit links von mir. Ich raste im Bereich von Geschinen nochmals in einem Auenwald. Auf der Wiese entdecke ich eine Kiste, die wie eine Militärkiste aussieht und auf der geschrieben steht, dass darin Spitalkleider sein müssten. Was nicht alles deponiert oder vergessen geht!
Neben Münster erstreckt sich auch vor Ulrichen eine ehemalige Flugzeugpiste. Dort findet offenbar ein Autorennen statt. Ich höre einen Lautsprecher sowie Boliden, deren Motoren heulen und deren Bremsen kreischen. Ein Waldstück verdeckt die Sicht auf die Rennstrecke. Ulrichen ist Ausgangsort für die Strasse auf den Nufenenpass. In Ulrichen entdecke ich den Josef-Blatter-Fussballplatz. Ich streife Ulrichen und laufe noch das kurze Stück nach Obergesteln mit seinen alten Holzställen in der Nähe des Bahnhofs. Obergesteln ist das obere Gegenstück zu Niedergesteln, das ich zwischen Steg und Raron gestreift habe.
Ich bin um 9.15 Uhr gestartet und um 16.00 Uhr in Obergesteln angekommen.

Die Bilder habe ich mit jenen meiner Winterwanderung zwischen Niederwald und Oberwald im Winter 2012 angereichert. Es besteht ein wunderbarer Rottenweg im Winter, den ich empfehlen kann.

Links:
https://www.bellwald.ch/poi/haengebruecke-goms-bridge
http://www.caesar-ritz.ch/themenweg.html
Zum Seitenanfang
26. Juni 2015: Obergesteln - Gletsch

Ich starte bei prächtigem Wetter. Der verschneite Galenstock leuchtet am oberen Ende des Tales. Der ebene Flussweg nach Oberwald dauert rund 45 Minuten. Dort gibt das Wanderwegschild nach Gletsch eine Zeit von einer Stunde und 50 Minuten an. Eine Baustelle zwingt zu einem Umweg. Danach glaube ich, den Weg wieder gefunden zu haben, aber der steile Pfad führt ins Nichts. Ich steige deshalb auf die Passstrasse auf und marschiere der Strasse entlang zum Hotel Rhonequelle. Deshalb verpasse ich die Kapelle St. Niklaus.

Ich raste auf einer Sitzbank unterhalb des Hotels und steige den Pfad nach Bärfel ab. Im Hochsommer dürften dort viele Heidelbeeren wachsen. Bei Bärfel finde ich wieder den Hauptweg, d.h. den Vierquellenweg, der danach auf einem Steg an das andere Rhoneufer wechselt. Die Rhone ist jetzt ein tosender, schäumender Bergbach. Der Weg steigt steil über Alpweiden an und ich geniesse einen Tiefblick zurück ins Goms.

Der Weg führt hoch über der tosenden Rhone den Hang entlang. Von der Strasse dringt der Lärm der röhrenden Motorräder zu mir. Erfreut höre ich dazwischen die Furka-Dampfbahn schnauben und der Rauch der Dampflokomotive kitzelt meine Nase. Ich bin froh, dass es einige Tage lang zuvor nicht geregnet hat. Sonst wären gewisse Wegstellen noch feuchter und morastiger. Ich quere unzählige Bergbäche. Der Weg ist gut angelegt, aber der T2-Bergweg fordert mich trotzdem. Ich setze meine Tritte oft mit Bedacht. Einige Tritte sind sehr hoch. Eine steile Stelle mit atemberaubendem Tiefblick und felsigen Partien ist mit Seilen gut gesichert. Ich kann diese Passage gut meistern. Der Denzlerweg zu Hause ist in seinem Zerfallsstadium und dem Geröll nach dem letzten Gewitter heikler als dieser Bergweg. Die blumenreichen Alpwiesen erfreuen mein Auge.

Danach folgt eine längere Passage durch eine Weide mit Schafen. Sie sind nicht durch Elektrozäune und Hunde gesichert wie jene von Hockmatta. Es hat dort weniger Blumen, dafür mehr Brennesseln. In diesem Bereich kreuze ich zwei Männer. Es ist die einzige menschliche Begegnung. Nach einem Gatter ist es nicht mehr weit zu einer Treppe neben dem Tunneleingang der Bahn. Danach steigt der Weg in steilem Zickzack zur Strasse auf. Für heute habe ich genügend Koordinationstraining geleistet und ich verzichte auf das kurze Bergwegstück oberhalb der Strasse. Ich folge der Strasse und komme nach etwa 10 bis 15 Minuten Marschzeit in Gletsch an.

Ich gerate in Hochstimmung, als ich den Rhonegletscher und das Belvédère hoch über dem Dorf Gletsch sehe. Der Blick zum Furkapass ist durch den Berghang verdeckt, aber das Ziel liegt zum Greifen nahe. Ich habe noch wenige Minuten, bis das Postauto nach Meiringen zur Haltestelle gegenüber dem historischen Hotel kommt.

Einmal mehr stelle ich fest: Bergwege sind fordernd, aber sie mobilisieren mehr Muskeln und Gelenkpartien und helfen so, meine Koordination zu erhalten oder wieder etwas zu verbessern. Ich kann zwar nur langsam auf Bergwanderwegen gehen. Sicherheit und Kontrolle kommt vor Geschwindigkeit. Es zählt, dass ich sie überhaupt sicher begehen kann. Ich muss solche Touren dementsprechend zeitlich planen und portionieren. Sie sind aber das Beste, um den Gehapparat fit zu halten. Nur das, was fordert, ermöglicht Verbesserungen.

Leider ist die Zeit zu kurz, um mir das historische Hotel Glacier du Rhone sowie die angezeigte Alpkäserei anzuschauen. Das Ortsbild von Gletsch ist von nationaler Bedeutung. In Gletsch zweigt die Strasse entweder über den Furkapass oder den Grimselpass ab.

Links:
http://www.infopoint-gletsch.ch
http://www.glacier-du-rhone.ch
Zum Seitenanfang
5. Juli 2015: Gletsch - Furkapass

Das Wanderwegschild gibt die Zeit auf den Furkapass mit 2 Stunden 15 Minuten an. Der Weg folgt nach der Brücke kurze Zeit der Rhone und zweigt in einen aufsteigenden Pfad ab. Dieser Pfad ist auf lange Strecken mit Sauerampfer überwachsen, so dass ich kaum sehe, wo ich hintrete. Ich muss wegen der halb versteckten Steine und Tritte langsam gehen. Das hohe Gras bremst meinen Gang. Der Weg kreuzt das Trassee der Dampfbahn. Er wird weiter oben besser sichtbar und begehbar. Grossartig ist die Sicht auf das felsige Rhonequellen-Gebiet, unterhalb des Rhonegletschers. Bis dorthin reichte der Gletscher früher, der die Felsen so blank gescheuert hat und über die, die junge Rhone hinabtost. Ich erwische für meine Kamera die Furka-Dampfbahn an einer raren Stelle, die die Sicht zum Bahntrassee freigibt. Murmeltiere pfeifen.

Beim Punkt Oberalpenstafel erreiche ich die Strasse, gehe ihr ein kurzes Stück entlang, überquere sie und steige den Hang Richtung Muttbach-Bahnstation auf. Ich habe zuerst ein kurzes Altschnee-Feld zu queren. Vor dem Tunnel-Eingang raste ich und geniesse die Sicht auf den Muttbach und den weit oben liegenden Muttgletscher.

Danach steigt ein steiler, guter Weg in vielen Kehren Richtung Furkapass. Er ist von Alpenrosen-Sträuchern und Frühlingsenzian gesäumt. Ich geniesse den steilen Aufstieg. Leider verliere ich den Weg bei einem Altschneefeld, das sich eine Mulde entlang hinabzieht. Kein Wegzeichen ist sichtbar, ebenfalls keinen Pfad. Ich quere das Schneefeld, weil es auf der anderen Seite eine vermeintliche Weg-Spur gibt. Dies ist jedoch eine Täuschung oder es sind andere irrtümlicherweise dort ebenfalls aufgestiegen und haben eine Spur eingetreten. Jedenfalls sehe ich erst einiges weiter oben die Wegmarkierung am Gegenhang, den ich verlassen habe. Ich hätte vermutlich dem Schneefeld entlang aufsteigen müssen, um weiter oben wieder in den Bergwanderweg zu gelangen.

Ich sehe hoch oben in der Hangrichtung die Leute auf dem Furkahöhenweg und steige deshalb den „falschen“ Hang entlang weiter auf. Die Sache ist machbar, aber mühsam. Nach einem Felssporn steige ich wieder in das Schneefeld ab. Dieses reicht bis auf die Passhöhe. Ich steige nun dem Schneefeld entlang auf und komme an einer Herde Walliser Schwarznasenschafe vorbei. Ganz oben muss ich noch durch etwas Gras bis zum Furkahöhenweg aufsteigen. Ein elektrischer Zaun versperrt den Zugang zum Wanderweg. Die Mutter von zwei Kindern hilft mir durch. Ich reiche ihr meinen Rucksack und die Wanderstöcke. Sie hebt mit den Stöcken den Elektrozaun etwas auf, so dass ich unten durchkriechen kann. Dann bin ich auf dem breiten Wanderweg und der Passhöhe und danke ihr für die Hilfe. Der Furkapass ist die Wasserscheide zwischen dem Rhein und der Rhone, der Nordsee und dem Mittelmeer. Auf der Urner Seite entspringt die Furkareuss, deren Wasser via Aare in den Rhein fliesst.

Eine Gewitterfront hat sich aufgetürmt und es beginnt zu tröpfeln. Ich eile der Passstrasse entlang zum Restaurant Furkablick, das mir Schutz vor dem nahenden Gewitter bietet. Drei Asylbewerberinnen aus dem Tibet bewirten die Gäste. Ich erhole mich mit Urner Trockenwurst und Bergkäse, bis das Postauto kommt. Dazwischen kommt es auf Englisch zu einer Konversation mit den Tibeterinnen über die politische Unterdrückung in ihrem Land.

Links:
https://sn-verband.ch/
Zum Seitenanfang
10. Juli 2015: Belvédère Rhonegletscher - Furkapass

Grundsätzlich will ich meine Rhoneroute zur Quelle am Furkapass fortsetzen. Wegen einer Abendgesellschaft in der Tonhalle Zürich am Vorabend fahre ich aber erst später ab. Das Postauto ab Oberwald legt beim Belvédère eine Stündige Mittagspause ein. Ich kehre deshalb die Sache um und steige folglich zweimal auf den Furkapass, heute vom Rhonegletscher aus.

Zuerst besuche ich die Eisgrotte des Rhonegletschers. Als ich sie 1970 auf einer Carfahrt das erste Mal besuchte, konnten die Touristinnen und Touristen gleich hinter dem Kiosk des Belvédère in die Grotte gelangen. Heute führt ein Zickzack-Weg zum Eingang der Eisgrotte. Ein Schild zeigt an, bis wohin der Gletscher noch 1996 reichte. Er ist seither nochmals stark geschrumpft. Der Gletscher wird im Bereich der Eisgrotte mit Tüchern abgedeckt, damit er im Sommer nicht noch rascher schmilzt. „Armer Rhonegletscher!“ fährt es mir durch den Kopf. Dies war 1970 noch nicht nötig. Übrigens beträgt der Eintritt zur Eisgrotte jetzt 7 Franken und nicht mehr 5, wie auf der Wandersite angegeben.

Danach steige ich zum Furkapass auf, um die Route ordentlich abzuschliessen. Der Aufstieg ist anfänglich steil und felsig, was meine Koordination voll fordert. Leider verpasse ich die Quellen-Stele des Vierquellen-Weges für die Rhone. Dies geht zwei Frauen auch so, die mir vom Pass entgegenkommen. Wir passieren beide die Militärfestungsanlage und dort zeigt das Schild mit der Nummer 49 für den Vierquellenweg exakt auf den von uns benutzten Weg. Sie fotografieren mich dafür mit dem Rhonegletscher im Hintergrund.

Der Höhenweg zum Furkapass ist lohnenswert. Er bietet einen grandiosen Blick zum Rhonegletscher, die vom Gletschersee hinabstürzende Rhone, den Grimselpass samt Totensee, zum Matterhorn, Weisshorn und die Mischabel-Gruppe sowie gegenüber zum Muttgletscher und Muttenhorn. Tief unten Richtung Goms sind sogar die Flugzeugpisten von Ulrichen und Münster sichtbar. Die offizielle Wegzeit beträgt 1 Stunde 5 Minuten, aber ich benötige auf solchen Wegen mehr Zeit. Ich bin froh, dass es so herausgekommen ist, dass ich die Route aufsteigen konnte. Der steile, felsige Abstieg wäre weniger gemütlich gewesen.

Beim Furkapass angekommen, raste ich gemütlich, esse mein mitgebrachtes Znacht als Picknick und warte auf das Postauto. Ich werde wieder vom selben freundlichen Chauffeur begrüsst wie letzten Sonntag. Die Rhone hat mir den kulturellen Reichtum der Westschweiz erschlossen.

Links:
http://www.gletscher.ch/eisgrotte/
Zum Seitenanfang